Die 5 Stufen der Abfallwirtschaft
"Die Abfallwirtschaft zu verstehen ist nicht leicht. Verschiedene Beteiligte müssen in sehr verschiedenen Bereichen Engagement zeigen, damit sich die Abfallwirtschaft entwickeln kann. Das braucht Zeit. Wir in Deutschland haben 1970 angefangen und sind immer noch nicht fertig. Aus diesem Grund wurde von deutschen Experten das 5-Stufen-Modell entwickelt. Es soll helfen, den Stand der Abfallwirtschaft in einer Region festzustellen, damit die weitere Vorgehensweise abgestimmt werden kann. Das Modell ist flexibel und die Übergänge sind fließend. Wenn wir es als Diskussionsgrundlage verstehen, kann es helfen, ein besseres Verständnis für die vielen Facetten der Abfallwirtschaft zu erreichen."
(Naemi Denz, Geschäftsführerin VDMA Fachverband Abfall- und Recyclingtechnik)
Stufe 1: Weitgehend ungeordnete Entsorgung
In vielen Ländern findet die Müllablagerung auf wilden Kippen statt und eine geordnete Abfallsammlung existiert nicht. Wertstoffe (z.B. Metalle, Kunststoffe, etc.) werden allenfalls durch den informellen Sektor gesammelt und gelangen über viele Stufen in den Wertstoffkreislauf zurück.
Unter menschenunwürdigen Bedingungen leben Menschen auf den Müllkippen. Grundlegende Prinzipien der Stadthygiene und des Umweltschutzes werden vernachlässigt. Müll wird vielfach zum Heizen und Kochen verwandt mit allen negativen Folgen für die menschliche Gesundheit.
Stufe 2: Zuverlässige Sammlung und bessere Deponien
Die Einführung einer systematischen, geregelten und zuverlässigen Sammlung und der Bau geordneter Deponien bilden eine erste Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft. Umladestationen an verkehrstechnisch günstigen Knotenpunkten erleichtern den wirtschaftlichen Transport der Abfälle.
Entscheidend ist, dass die Sammlung effizient durchgeführt wird, denn sie ist das teuerste Element in der Abfallwirtschaft. Die Abfallsammlung bietet aber zugleich neben der Sortierung die größten Beschäftigungspotentiale. Es gilt, das für die jeweilige Stadt oder Gemeinde und ihre Gegebenheiten, „richtige“ Sammelsystem herauszufinden.
Bereits in dieser frühen Phase können Elemente einer Kreislaufwirtschaft etwa in Form getrennter Wertstoffsammlung und manueller Sortierung umgesetzt werden. Kompostierung von Park- und Marktabfällen in einfachen Anlagen mit Hilfe von mobilen Aggregaten bildet die erste Stufe einer biologischen Verwertung.
Stufe 3: Getrenntsammlung und Sortierung
Die Getrennthaltung und Sammlung in mehreren Behältern bilden die Grundlage für eine qualitativ hochwertige Sortierung. Leistungsfähige Abfallsammelfahrzeuge mit Presseinrichtungen übernehmen die Sammlung der Abfälle. Erste optische Trennaggregate erlauben die Erzeugung von hochwertigen Monofraktionen. Die nachgeschaltete Sekundärrohstoffwirtschaft entwickelt sich, weil die Inputmengen zunehmend gesichert sind. Die Industrie passt ihre Prozesse zunehmend an diese Materialien an. Arbeitsplätze in signifikanter Höhe entstehen und die Abfallwirtschaft wird Teil der Industriepolitik.
Die Sortieranlagen beinhalten mechanische Trennstufen, Sieb- und Sichteraggregate und bereiten das Material für eine effizientere Handsortierung vor. Erste Handelsstrukturen für die gewonnenen Wertstoffe entstehen (z.B. für Metalle; PET, Papier). Diese decken einen industriellen Bedarf und generieren Erlöse.
Mit der Kompostierung von getrennt erfassten organischen Abfällen und der Aussortierung von heizwertreichen Fraktionen zur Erzeugung von Ersatzbrennstoffen entstehen neue Produkte, für die sich zunehmend Absatzmärkte entwickeln.
Stufe 4: Ausbau der Recyclingwirtschaft
Moderne Sortieranlagen erzeugen aus getrennt erfassten Abfällen qualitativ hochwertige Einzelfraktionen, die vorrangig recycelt werden. Verfahren zur Trennung von Kunststoffarten und Farbsortierung werden eingesetzt. In Kompostierungs- und Vergärungsanlagen werden aus Bioabfällen Kompost und/oder Biogas erzeugt. Restabfälle werden in Abfallverbrennungsanlagen energetisch verwertet oder in Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlagen (MBA) behandelt. MBA sortieren Wertstoffe aus, liefern heizwertreiche Fraktionen (EBS) zur Energieerzeugung und bauen organische Substanz ab, die wesentlich verantwortlich für die von Deponien ausgehenden Emissionen – vor allem Deponiegas und Sickerwasser – sind. Thermische Verwertungsanlagen und Abfall-Biomasse-Heizkraftwerke ersetzen Primärenergieträger. Die Maßnahmen führen zu einer erheblichen Verminderung von klimaschädlichen Emissionen.
Stufe 5: Kreislaufwirtschaft – Abfall als Ressource
In dieser Stufe wird vorrangig recycelt oder energetisch verwertet; es werden keine unbehandelten Siedlungsabfälle mehr abgelagert. Die erzielten hohen Recyclingquoten führen zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Nur kleine Restmengen werden deponiert, ohne die Umwelt zu gefährden. Abfallvermeidung und Lifecycle-Betrachtungen sind Grundlage aller Produktionsprozesse und vieler Konsumentscheidungen.