Kosten, Finanzierung und Förderung
Eine moderne Abfallwirtschaft ist nicht kostenlos. Nicht nur die Anschaffung der entsprechenden Technik und der Bau der Entsorgungsanlagen erfordern Investitionen, vor allem die geregelte Sammlung der Abfälle und Wertstoffe sowie der Betrieb der Anlagen verursachen laufende Kosten. Im Vergleich dazu ist der Aufwand für die Schaffung eines gesellschaftlichen Umweltbewusstseins und die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften gering.
Für den Bau der Entsorgungsanlagen und die Beschaffung der Technik stehen vielfältige Fördermöglichkeiten zur Verfügung, z.B. durch bi- und multilaterale Geber und Entwicklungsbanken, die Kredite zu Vorzugskonditionen oder sogar Zuschüsse für die Finanzierung der Investitionen gewähren. Die Mittel zur Deckung der laufenden Kosten muss ein Staat, eine Region oder Kommune jedoch selbst tragen – das können etwa 70 – 80% der Gesamtkosten des Entsorgungssystems sein. Hieran wird deutlich, dass die Deckung der laufenden Kosten die größte Herausforderung beim Aufbau eines Abfallwirtschaftssystems darstellt.
„Die Klärung, wie die laufenden Kosten gedeckt werden sollen, ist ein schwieriger, aber notwendiger Diskussionsprozess. Die Erhebung von Nutzergebühren – wie in Deutschland üblich – ist nur eine Möglichkeit. Die ärmeren Teile der Bevölkerung dürfen finanziell nicht übermäßig durch den Aufbau einer modernen Abfallwirtschaft belastet werden. Es gibt aber sozialverträgliche Lösungen, bei denen die wirtschaftlich Stärkeren einen angemessenen Beitrag leisten. Welches Konzept auch immer angewandt wird, entscheidend ist, dass die Deckung der Kosten gesichert und die angewandten Instrumente sozialverträglich sind. Private Unternehmen werden sich nur dann engagieren, wenn Sie Vertrauen in die Solidität der Kostendeckung und Finanzierung haben können“
(Dr. Wolfgang Pfaff-Simoneit, KfW Entwicklungsbank)
Instrumente zur Finanzierung und Kostendeckung
In keinem Fall wird es gelingen, allein aus den Erlösen die Kosten des Abfallwirtschaftssystems zu decken. Daher sind geeignete Konzepte zur Deckung der Differenzkosten zu entwickeln. Ohne eine glaubwürdige Politik zur Kostendeckung und Anwendung geeigneter Instrumente ist die finanzielle Nachhaltigkeit der modernen Kreislaufwirtschaft nicht gegeben und somit ein Engagement des Privatsektors auch nicht zu erwarten.
„Sollte Ihnen jemand erzählen, dass mit Abfall Geld zu verdienen ist, so gilt das nur für Teilbereiche der Abfallwirtschaft. Mit der Verwertung z.B. von Metallen, PET oder Papier kann man zwar Gewinne erzielen, für die Deckung der Kosten des Gesamtsystems reichen die erzielbaren Erlöse aber nicht aus. Trotz der in Deutschland erreichten hohen Recyclingquoten funktioniert das Abfallwirtschaftssystem nur, weil die Nutzer mit ihren Gebühren zur Deckung der Kosten beitragen.“
(Michael Ludden, Geschäftsführer Sutco Recyclingtechnik/ Vorstandsmitglied RETech Germany Partnership)
Mehr als 2/3 der Gesamtkosten sind laufende Kosten, für deren Deckung dauerhaft gesichert Einnahmen erzielt werden müssen. Eine Kostendeckung allein über Nutzergebühren ist oft aus praktischen Gründen nicht möglich. Als mögliche Instrumente bzw. Quellen zur Deckung der Kosten der operativen Aufgaben kommen deshalb in Frage:
- Nutzer-/Servicegebühren
- Zweckgebundene oder verhaltenslenkende Abgaben
- Umweltabgaben, Tourismusabgaben
- Deponieabgaben
- Produktabgaben - Spezielle Formen wie Einspeisetarife für aus Abfällen erzeugte Energie, Verwertungsprämien
- Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen
- Produzenten Verantwortung
- Subventionen
Insbesondere Abgaben auf abfallintensive Produkte, wie z.B. Verpackungen können erheblich – wie zum Beispiel in Tunesien bis zu 80% - zur Deckung der laufenden Kosten beitragen. Der geeignete Instrumentenmix ist durch einen politischen Entscheidungsprozess rechtlich festzulegen. Die erforderlichen Beiträge müssen auf Grundlage einer realistischen Kostenschätzung abgestimmt werden.
Förderung des Recyclingmarkts
Eine moderne Abfallwirtschaft oder Kreislaufwirtschaft basiert auf gesicherten Vermarktungswegen der Sekundärrohstoffe. Durch Erleichterungen bei Importzöllen oder Steuern, Investitionsförderlinien, Subventionen oder Verpflichtungen der Hersteller zur Sicherstellung eines Recyclings ihrer Produkte kann der Staat dazu beitragen, dass Recyclingindustrien entstehen bzw. wirtschaftlich betrieben werden können.
Der informelle Sektor spielt eine tragende Rolle in der entstehenden modernen Abfallwirtschaft. Durch seine Einbeziehung wird zudem zum Aufbau von Aus- und Fortbildungskapazitäten, zur Verbesserung der Chancengleichheit und zur Armutsminderung beigetragen.
Gerade lokale oder nationale Abnehmerstrukturen stützen die Kreislaufwirtschaft. Mit der gesicherten Bereitstellung von hochwertigen Sekundärrohstoffen entwickeln sich industrielle Abnehmer, die in angepassten Produktionsprozessen die Kreislaufwirtschaft erst möglich machen.
Cost of Environmental Degradation
In den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern finden mögliche wirtschaftliche und soziale Kosten/Nutzen in den strategischen Planungsprozessen insbesondere in der Abfallwirtschaft keine Berücksichtigung. 2014 hat das regionale Abfallnetzwerk SWEEP-Net in Zusammenarbeit mit dem Center for Mediterranean Integration (CMI) und gemeinsam mit ihren lokalen Partnern einen Prozess zur Erstellung von umweltökonomischen Gesamtrechnungen für die Städte Beirut (Libanon), Tunis (Tunesien) und Rabat (Marokko) angestoßen. Die Ergebnisse wurden in drei Studien zu Cost of Environmental Degradation (COED) dargestellt.
Ziel der Studie war es die makroökonomischen Kosten eines abfallwirtschaftlichen Missmanagements zu quantifizieren und somit notwendigen Investitionskosten für eine verbesserte Abfallwirtschaft gegenüber zu stellen. Für politische Entscheidungsträger wurden die Ergebnisse nochmals in Form von sogenannten Policy Notes für Beirut, Tunis und Rabat zusammengefasst.